Der Arbeitsalltag verlagerte sich in die visuelle bzw. digitale Welt, alternative Konzepte und Lernformen mussten entwickelt werden. Das war und ist immer noch eine große Herausforderung in allen Bereichen des Unternehmensverbundes, besonders auch in unseren Schulen und im Berufsbildungswerk Leipzig. „Niemand darf verloren gehen“ steht dabei als oberste Maxime.
Es galt, neue Kanäle zu finden um mit den jungen Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen in Kontakt zu bleiben, sie weiterhin zu unterrichten und aus- bzw. weiterzubilden.
Seit Beginn der Pandemie im März 2020 bieten unter anderem die Integrationsberater*innen allen Teilnehmenden im Berufsbildungswerk, genauso wie die Integrationsberater*innen im Kompetenzzentrum für Vermittlung und Integration ihren Klient*innen, die Beratung auf dem digitalen Weg an.
Das Kompetenzzentrum der BBW-Leipzig-Gruppe
Seit 2014 bündelt die BBW-Leipzig-Gruppe ihre Aktivierungs- und Vermittlungsaktivitäten im Kompetenzzentrum für Vermittlung und Integration und das hat sich inzwischen als eine kompetente Servicestelle für Arbeitgeber*innen und Arbeitsuchende in Leipzig und Berlin entwickelt. Das Kompetenzzentrum für Vermittlung und Integration setzt sich für das Potential von Menschen mit Behinderung und damit für einen inklusiven Arbeitsmarkt ein.
Durch das arbeitsmarktpolitische Maßnahmenangebot werden Klient*innen im Auftrag der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter individuell auf der Suche nach einer geeigneten Arbeit befähigt, unterstützt und bis zur Vermittlung begleitet. Gegenwärtig etabliert das Leipziger Team in Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Sozialverband Sachsen einen Vermittlungsdienst für Gebärdensprachdolmetscher für die Landkreise Leipzig und Nordsachsen sowie die Städte Leipzig und Döbeln. Aufgebaut wird aktuell auch die Servicestelle für individuelle betriebliche Inklusion, die durch Aktion Mensch gefördert wird.
Bei all den unterschiedlichen Maßnahmen, waren die Herausforderungen bei der Umstellung auf die digitalen Medien zu Beginn groß. Inzwischen läuft die Beratung und Begleitung per Videokonferenz in einem geschützten Raum routiniert.
Sichere Onlinemeeting-Dienste und Messenger
Vom Erstgespräch über das Profiling, die Eignungsdiagnostik, das Coaching, die Besprechungen der Aufbereitung der Bewerbungsunterlagen bis hin zur Vorbereitung auf den ersten Arbeitsmarkt wird digital gearbeitet. Dafür werden die geprüften, sicheren und DSGVO-konforme Dienste „Jitsi Meet“ oder auch der Messenger-Dienst WIRE genutzt.
„Der digitale Kommunikationsweg erforderte zunächst ein Umdenken im Kontakt mit unseren Teilnehmenden. Vor allem, da der persönliche Kontakt in unserem Beruf von großer Tragweite ist und unsere Arbeit ausmacht. Wir passten unsere bestehenden Konzepte auf die alternative bzw. digitale Durchführungsform an, die von dem Zertifizierer genehmigt wurden“, beschreibt Integrationsberaterin Thérèse Zierold.
Die Teilnehmenden nehmen das Angebot sehr gerne an und kommen besser als zunächst befürchtet mit den neuen Kommunikationskanälen zurecht.
Oft stehen in den Gesprächen mit den Klient*innen aber auch die momentanen alltäglichen Herausforderungen im Vordergrund: Themen der beruflichen Zukunft und wie es weitergeht, Sorgen und Ängste.
Aufgrund der veränderten Form brauche es neue Impulse, erklärt Ruben Bais, Integrationsberater im Kompetenzzentrum für Vermittlung und Integration: „Ich beginne stets mit einem täglichen 15-MinutenStart-up. Hierdurch versuche ich einen sicheren Raum zu erzeugen, indem die Teilnehmer*innen von ihren täglichen Sorgen und Herausforderungen berichten können und auch das Gefühl haben, wahrgenommen zu werden. Das scheint mir wichtig, denn die Pandemie sorgt bei vielen privat - z.B. verlassen einige nicht mehr ihre Wohnung oder haben schwer erkrankte Verwandte etc. - als auch beruflich (z.B. keine Praktikumszusagen) für Unsicherheiten. Insgesamt zeigt sich, dass eine Art sozialpädagogische Begleitung während der gesamten Termine an Bedeutung gewinnt.“
Ruben Bais erlebte auch Momente, mit denen er vorher nicht gerechnet hatte: „Einmal zeigte sich sogar, dass ein Teilnehmer bei der Simulation eines Vorstellungsgespräches digital mehr aus sich herauskam als vorher in einer persönlichen Beratung. Ein weiterer positiver Effekt zeigt sich in der neugeschaffenen Möglichkeit, parallel an computergesteuerten Prozessen zu arbeiten.“
Integrationsberaterin Thérèse Zierold hat ähnliche Erfahrungen gesammelt: „Für einige Teilnehmende ist es auch von Vorteil, von zu Hause aus zu arbeiten. Hier sparen v.a. alleinerziehende Mütter Zeit ein.“
Persönlichkeitsentwicklung, Abbau der Vermittlungshemmnisse, Vorbereitung der Integration auf den 1. Arbeitsmarkt und überbetriebliche Erprobungen können trotz Pandemie stattfinden. So erreichen die Mitarbeitenden des Kompetenzzentrums zum Glück weiterhin Anfragen von Unternehmen, ob die Teilnehmenden an den vakanten Stellen interessiert sind.
Es gibt aber auch eine andere Seite der Medaille. Nicht alle Klient*innen sind technisch ausreichend ausgestattet. Wenn zum Beispiel kein Drucker vorhanden ist, bedeutet das für die Integrationsberater*innen eine frühzeitige Planung und Zusendung der Materialien per Post. Auch bei einer schlechten Internetverbindung sind Geduld und Flexibilität gefordert.
Auch Ruben Bais räumt ein, dass die digitale Beratung natürlich auch mal an ihre Grenzen stieße, „wenn ein sensitives Gespür und eine ganzheitliche Wahrnehmung für den Umgang mit den Teilnehmenden erforderlich sind. Es ist deutlich herausfordernder, das Befinden der Teilnehmenden zu erkennen. Auch wenn es von mir wahrgenommen wird, so ist es ebenfalls schwieriger, angemessen darauf einzugehen. Bei mir äußert sich das in der abgeschwächten digitalen Intuition, die im realen Setting eigentlich vorhanden ist.“
Barrierefreie Kommunikation in digitaler Form
Die digitale Beratung ist je nach Beeinträchtigung der Teilnehmenden ebenfalls eine Herausforderung, da manche nicht gerne telefonieren oder auf die Mimik und Gestik angewiesen sind.
Die Kommunikation mit gehörlosen Menschen finden ebenso via Videokonferenz in Deutscher Gebärdensprache statt. Hier ist eine stabile Internetverbindung besonders wichtig, damit Mundbild und Ton nicht zeitversetzt erscheinen und die Gebärden sauber erkennbar sind.
Die Zeit der Pandemie zeigt auch deutlich, wie wichtig es ist, dass digitale Techniken und Kanäle nicht zu Barrieren für Teilhabe werden dürfen und auch diesbezüglich Kompetenzen gefördert werden müssen. Virtuelle Beratung funktioniert in Ausnahmesituationen und kann sicher auch künftig begleitend für die Klient*innen angeboten werden, aber kann auf Dauer nicht den direkten Kontakt zu den Klient*innen ersetzen.
Kontakt zu uns
Ira Kummrow
Abteilungsleiter*in Kompetenzzentrum für Vermittlung und Integration
Tel. 0341 41 37-2001
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